China.
Ein Land, das mich bei meinen Aufenthalten dort tief beeindruckt hat.
Im Positiven, wie im Negativen.
Ich war erst zweimal dort.
Das erste Mal im Jahr 2003 im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit, das zweite Mal privat 2013 auf einer ca. 4-wöchigen Rundreise. Dieser Bericht beschreibt meine Eindrücke auf meiner ersten Reise nach China/Shanghai.
Der erste Kontakt mit China war für mich persönlich sehr aufregend.
Ich war vorher noch nie in Asien, freute mich auf die Menschen und die unbekannte Kultur, die ich nur aus Büchern und anderen Medien gefiltert präsentiert bekam.
Das Ziel hieß Shanghai.
Nach dem ich den Flughafen Pudong verlassen hatte, ging es mit dem Taxi in die Innenstadt von Shanghai. Die Fahrt auf der Autobahn, teilweise entlang der Trasse des Trans Rapid, war ein Abenteuer für sich. Sich dort selbst ans Steuer zu setzen wäre selbstmörderisch.
Dort angekommen fiel mir auf, dass ich in diesem Land schlagartig zum Analphabeten geworden bin. Ich konnte kein einziges Hinweisschild mehr lesen. Überall nur die chinesischen Schriftzeichen. In ganz seltenen Ausnahmefällen, gab es eine Übersetzung auf Englisch, aber wohl auch nur dort, wo mit erhöhtem Aufkommen von Touristen zu rechnen war.

Untergebracht wurde ich in einem ziemlich luxuriösen Hotel im Finanzviertel Pudong in der Nähe des 88 Stockwerke umfassenden Jin Mao Tower, was im chinesischen etwa goldenes prachtvolles Gebäude bedeutet.
Zu dieser Zeit war es das höchste Gebäude in China. Heute ist es noch das fünft höchste Chinas und nimmt in der Weltrangliste Rang 13 ein.

In der Woche meines Aufenthaltes lernte ich ein Land der gesellschaftlichen Gegensätze kennen, die natürlich in dieser unglaublich schnell und rücksichtslos wachsenden Großstadt in China besonders auffällig sind.
Im Hotel irritierten mich zuerst die vielen Angestellten, die einfache Tätigkeit auszuführen hatten. Quasi an jeder Tür stand jemand in seiner grauen Uniform um sie mir zu öffnen. Und die standen dort wirklich den ganzen langen Tag. Der Eingang zum Hotel war eine Drehtür, die, sobald man hinein oder heraus wollte, von einem Angestellten in Schwung gebracht wurde … den ganzen Tag. Auf dem Flur vor unserem Konferenzraum stand jemand, um im Bedarfsfall Wassergläser zu füllen, oder Kaffee einzuschenken. Man erntete böse Blicke, sobald man es selbst versuchte.
Ich habe wohl auch ständig zu viel Trinkgeld gegeben, da ich mir zu wenig Gedanken über das Wohlstandsgefälle zwischen mir und den Menschen dort gemacht habe. Vielleicht wurden sie ja auch genötigt, dieses Geld abzugeben.
Am krassesten fand ich allerdings, dass in der Hotelbar offensichtlich eine ganze Menge Prostituierte geduldet wurden. Trank ich dort mein Bier, oder spielte ein paar Runden Poolbillard, boten sich diese Frauen zu später Stunde ziemlich offensiv an, um mit mir die Nacht in meinem Zimmer zu verbringen. Und dieses Hotel war schon eines der höheren Kategorie, in dem ständig Geschäftsleute aus aller Herren Länder wohnten. Schien wohl ziemlich lukrativ zu sein. Vielleicht auch für das Hotel.
Ein Zeitvertreib bestand für mich darin, mich in meinem Hotelzimmer an die bodentiefen Fenster zu setzen, um das chaotische Gewimmel auf der tief unten liegenden Kreuzung zu beobachten. Alles lief und fuhr durcheinander. Abbiegespuren, Beschilderungen und Ampelzeichen waren nur Empfehlungen. Selbst klassische Holzkarren wurden neben Luxuslimousinen über die 6-spurigen Straßen geschoben.
Schlenderte man in der freien Zeit durch die Straßen und umkurvte die großen, teuren Glitzerpaläste, gelangte man schnell in kleine Seitengassen, in denen völlig heruntergekommene Wohnhäuser standen. Nahe dem Aussehen eines Slums. Diese Art von Gegensatz war damals für mich total neu.
Straßenverkäufer, die, offensichtlich nicht legal, ihre Waren den vorbeilaufenden Passanten anboten, wurden regelmäßig mit massivem Polizeieinsatz vertrieben.
Einkaufszentren, so exklusiv und teuer, dass man als gut verdienender Mitteleuropäer dort so gut wie nichts kaufen konnte. Im Erdgeschoss konnte man teure deutsche Autos kaufen, „To Go“ sozusagen. Die Käufer durften dann durch das Einkaufszentrum nach draußen fahren, vorneweg scheuchte ein Angestellter die lästigen Passanten zur Seite.
Welch ein Gegensatz zum größten Teil der Bevölkerung, die gnadenlos aus ihren alten Häusern vertrieben wurden, um weitere Paläste für die reichen Chinesen und zahlungskräftigen Touristen und Geschäftsleute zu bauen.

Ich hatte den Eindruck, dass die alte Kultur, aus meiner Sicht erhaltenswerte Dinge, nicht die teils heruntergekommen Unterkünfte, einfach aus dem Weg geräumt wurden, um neuen, lukrativeren Dingen Platz zu machen. Das alte China zählt nicht mehr. Aber das mag vielleicht an meiner etwas verklärten Sicht auf China gelegen haben.
Auch wenn ich für private Unternehmungen nur sehr wenig Zeit hatte, fand ich das quirlige, hektische Leben, das teilweise gute Essen, die Stimmungen und die krassen Gegensätze diese Stadt sehr beeindruckend, und das meine ich im positiven Sinn. Was ich damals gelernt habe ist, Deine eigenen Erfahrungen lassen sich nicht mit Erzählungen, Medienberichten und Nachrichten aufwiegen. Der persönliche direkte Eindruck, den man von einer fremden Welt und Gesellschaft bekommt, ist meistens anders als erwartet und macht oft Hunger auf mehr.
Aber der von mir erlebte, rücksichtslosen Umgang mit der Bevölkerung durch die Reichen und die Regierung existiert. Und das bis heute und auch in Zukunft, wie man das an der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung Chinas sehr gut beobachten kann. Und sie wollen ihren Einfluss im gleichen Maße auch außerhalb der chinesischen Grenzen ausüben.